2 Tage, 246 Frauen, 77 Abstimmungen: Das war die historische Frauensession 2021. Die professionelle und engagierte Arbeit der Teilnehmerinnen wurde von anwesenden Politikerinnen und Bundesrätinnen gewürdigt, sowie ihr starker Wille, eine politische Wirkung zu erzielen. Heute Samstag wurden die verabschiedeten Petitionen feierlich dem Ratspräsidium zuhanden des Parlaments übergeben. Die Frauensession fordert unter anderem einen Fonds zur Finanzierung von Kinderbetreuungsinfrastruktur, eine Aufwertung von Care-Arbeit, eine Revision des Eherechts für Bäuerinnen und eine nationale Kampagne für die Prävention von geschlechtsspezifischer Gewalt.
Während den vergangenen zwei Tagen war das Bundeshaus zum zweiten Mal in seiner Geschichte in reiner Frauenhand. An der Frauensession 2021 berieten 246 gewählte Teilnehmerinnen aus der ganzen Schweiz über 70 Geschäfte und verabschiedeten insgesamt 23 Forderungen. Diese überreichten sie in der Form von Petitionen am Samstag dem Ratspräsidium – so werden auch National- und Ständerat die Forderungen behandeln.
Die Teilnehmerinnen reisten mit grosser Lust an der politischen Teilhabe nach Bern. Sie reichten deutlich mehr Einzelanträge als erwartet im Vorfeld ein, vor Ort meldeten sich knapp 50 für Reden an. Den Sprecherinnen wurde aufmerksam zugehört, für besonders inspirierende Voten gab es Standing Ovations – etwa zu einer Rede, die das Ausmass an sexueller Gewalt in der Schweiz thematisierte. Die engagierte und professionelle Arbeit der Frauen* zeigte, wie stark der politische Gestaltungswille und das Verlangen nach Veränderung sind. «So konzentriert habe ich noch nie eine Parlamentssitzung erlebt», sagt Maya Graf, Ständerätin Grüne/BL, Co-Präsidentin alliance F und eine der Ratspräsidentinnen für die Frauensession. Das gleiche betonte Bundesrätin Karin Keller-Sutter, die wie ihre Kolleginnen Simonetta Sommaruga und Viola Amherd im Nationalratssaal eine Ansprache hielt.
Die Session war auch für die politische Bildung von Frauen* in der Schweiz ein Erfolg. In der Wandelhalle haben sich Politikerinnen der Zukunft vernetzt und sind nun bestens gewappnet, politische Allianzen zu schmieden. Die Arbeit in den Kommissionen und im Parlament hat sie für den politischen Alltag gerüstet – diese Erfahrungen haben die Frauen* rege mit ihrem Umfeld, in den Medien und sozialen Netzwerken geteilt und so auch weitere Frauen* ermutigt, ein politisches Amt anzutreten.
Die in monatelanger Vorbereitungsarbeit und an zwei Sessionstagen entstandenen Forderungen zeigen Lösungen für die dringlichsten politischen Anliegen der Frauen* in der Schweiz auf und haben das Potential, nicht nur für die Gleichstellungspolitik der nächsten Jahre wegweisend zu sein, sondern auch die Arbeitsmarkt-, Sozialversicherungs-, Gesundheits-, Sicherheits- und Wissenschaftspolitik zu prägen. Die Frauen* haben sowohl bekannte Forderungen – wie nach einer Elternzeit oder einer Individualbesteuerung – als auch neue verabschiedet, etwa die Einführung eines nationalen Programms zu Diskriminierung im Gesundheitswesen.
Die beschlossenen Petitionen sind:
Das SRF berichtete in der Tageschau vom 30.10.2021 über die Frauensession. Zum Bericht geht es hier
Norina Schenker, Vorstand frauenaargau, wurde für die Frauensession gewählt. Zu den weiteren gewählten Frauen* geht es hier.
"Als Jugendarbeiterin kenne ich viele Anliegen von jungen Frauen* und als Vorstandsmitglied von frauenaargau die Themen der Aargauerinnen. Soziale Gerechtigkeit, Diversität und das Klima sind mir wichtig. Ich bin parteilos, den linken Parteien aber zugewandt und setze mich gegen Rassismus, für Gendergerechtigkeit und solidarisch für diejenigen ein, die keine Zeit oder Ressourcen für Politik haben."
Zum ersten Mal durfte ich einen Fuss ins Bundeshaus setzen und dann gleich noch einen Platz im Nationalratssaal einnehmen und aktiv über die Motionen der acht Kommissionen mit abstimmen. Ich war absolut überwältigt von den vielen Eindrücken und den vielen engagierten und aktiven Frauen*, die sich im Regierungsgebäude versammelt haben.
An den ganzen zwei Tagen nahm ich eine gute Atmosphäre und viel Freude wahr. Auch wenn das Programm sehr voll war – denn es gibt leider auch heute noch so viel zu tun in Sachen Gleichstellung und sozialer Gerechtigkeit – waren alle Teilnehmer*innen durchgehend konzentriert mit dabei. Am Eindrücklichsten fand ich die Voten zum "Einwohner:innenstimmrecht" und zur "Revision des Sexualstrafrechts". Hier zeigte sich sehr klar, dass Frauen*, wenn sie Politik machen, nicht nur an sich selbst, sondern an alle Menschen und an die gesellschaftlichen Strukturen denken und diese verändern wollen.
Ich freute mich sehr, dass ich mich mit den frauenaargau Mitgliedsfrauen und anderen Frauen*, die ich bereits kannte und neu kennenlernen durfte immer wieder austauschen, mein Netzwerk vergrössern und meine persönliche politische Position stärken konnte.